23.12.2012

Tunesien auf dem Weg zum ehrenamtlich mit getragenen Bevölkerungsschutz

Frank Schulze zum Projekt Aufbau ehrenamtlicher Bevölkerungsschutzstrukturen in Tunesien - ab Februar 2013 unterstützt durch den OV Sinzig.

Eine Wache des tunesischen Zivilschutzes ONPC in Ben Arous

Im Jahr 1995 besuchte eine tunesische Delegation Deutschland um sich über unser System des ehrenamtlich getragenen Bevölkerungsschutz zu informieren. Sie waren begeistert und das Bundesministerium des Innern (BMI) erklärte sich bereit Tunesien zu unterstützen.

 

13 Kleinlaster und 13 GKW, die im THW ausgesondert worden waren, wurden vom BMI dem tunesischen Zivilschutz gespendet und im Dezember 1995 von Genua nach Tunis verschifft.

 

Ich wurde zusammen mit dem hauptamtlichen Mitarbeiter der THW –Leitung, Dietmar Schröder gebeten Anfang Dezember 1995 nach Tunis zu reisen um ein Gutachten über die Erfolgsaussichten ehrenamtlicher Strukturen in Tunesien im Bevölkerungsschutz zu schreiben.

 

Ich war zu diesem Zeitpunkt seit 8 Jahren Ortsbeauftragter, Landessprecher des THW in Rheinland-Pfalz und geschäftsführender Vizepräsident der von mir 1980 mit gegründeten THW-Bundesvereinigung. Während meiner Referendarausbildung hatte ich auch 3 Monate in einer Pariser Anwaltskanzlei gearbeitet was letztlich den Ausschlag für meinen Einsatz bedeutete.

 

Wir führten zahlreiche Gespräche mit Stadträten, Gouverneuren, Mitarbeitern des Innenministeriums und des Zivilschutzes. In meinem Gutachten kam ich zu dem Fazit, dass eine Verstärkung des aus ca. 3.500 Hauptamtlichen bestehenden Zivilschutzes durch Ehrenamtliche möglich sein sollte.

 

Im Jahr 1996 setzte ich im Juli zusammen mit dem stv. Direktor des THW, Herrn Lutz, die Gespräche mit tunesischen Repräsentanten fort. Es erfolgte auch die offizielle Übergabe der inzwischen rot lackierten ehemaligen 26 THW Fahrzeugen an das Office National de la Protection Civile (ONPC).

 

1997 wurde dann zu Beginn des Jahres bei den deutsch-tunesischen Regierungsgesprächen vereinbart, dass die deutsche Seite die Entsendung eines Experten für die Dauer von 3 Monaten prüfen würde.

 

Am 01.12.1997 bin ich dann im Auftrag des Entwicklungshilfeministeriums, GTZ und THW nach Tunis geflogen und habe meine Arbeit aufgenommen. In den dann mehr als 3 Monaten führte ich viele Gespräche, übersetzte das THW Gesetz, Mitwirkungsverordnung, Helferrichtlinie und Curriculum der Grundausbildung. Mit Kameraden der Werksfeuerwehr der BASF führten wir ein Seminar über Gefahrgutunfälle durch und der Besuch des damaligen THW Direktors Gerd Jürgen Henkel in Tunesien wurde vorbereitet und durchgeführt.

 

Am 1. März, der als Tag des Zivilschutzes in Tunesien gefeiert wird mit Tag der offenen Tür in allen Wachen und einer Zentralveranstaltung führten wir 1998 auf Wunsch des tunesischen Generaldirektors Moncef Belkhir eine kleine Übung mit einem ehemaligen THW-Fahrzeug und 2 Jungs und 2 Mädchen im Alter von 15 und 16 Jahren aus 4 Ortsverbänden des THW in Berlin durch; in Anwesenheit von Fernsehen und Radio und Pressevertretern. So erfolgreich, dass die vier anschließend eine halbe Stunde Autogramme geben mussten. Auf die Frage, ob wir das nicht 1999 wiederholen könnten schlug ich vor, dass die Mannschaft des Bundesjugendsiegers als ersten Preis die Teilnahme erhalten sollte. Seit 1999 hat das THW mit dem Bundesjugendsieger Ende Februar Tunesien besucht, an der Zentralveranstaltung am 1. März teilgenommen und das alte Tunesien mit Karthago , aber auch das heutige Tunesien kennen gelernt.

 

Meine Arbeit hatte zur Folge, dass weniger als zwei Jahre später der Staatspräsident eine Verordnung über den Einsatz Freiwilliger im tunesischen Bevölkerungsschutz unterzeichnete. Knapp 20 Helfervereinigungen wurden in den folgenden Jahren gegründet, es fehlte aber die nachhaltige Unterstützung um eine effektive Einbindung vornehmen zu können.

 

Ich bin daher sehr froh, dass jetzt ein zweiter Start erfolgte. Das Tunesien nach der „Jasmin“Revolution wird besonders von der Bundesrepublik unterstützt. Das BMI hat erneut ausgesonderte Fahrzeuge des THW zur Verfügung gestellt. Am 11. und 12.12. war ich in Tunis zusammen mit THW-Präsident Albrecht Broemme zum Empfang von 18 ehemaligen THW-Fahrzeugen. Der tunesische Innenminister empfing uns und machte die Bedeutung des Projekts für sein Land deutlich. Den dieses Jahr vom Innenminister berufenen neuen Generaldirektor des ONPC, Chokri Ben Jannet, kenne ich seit 1995 durch unterschiedliche Tätigkeiten im ONPC.

 

Tunesische Ausbilder starten am 17.02.2013 eine zweiwöchige Grundausbildung in unserem Ortsverband um dann in Tunesien an 3 verschiedenen Orten auch die THW Grundausbildung durchführen zu können. Über das laufende Projekt werden wir auf unserer Homepage berichten. Zwei weitere Grundausbildungen für tunesische Ausbilder in Dessau und Dresden werden sich im Frühjahr 2013 anschließen.

 

Wenn die Pilotprojekte erfolgreich sein werden könnte es ein neudeutsch „best practice“ auch für andere Länder sein. Nach 17 Jahren, in denen ich mich mit dem Thema Ehrenamt im Bevölkerungsschutz beschäftige bin ich optimistisch, dass unsere Begeisterung über Landesgrenzen ansteckend sein kann.



  • Eine Wache des tunesischen Zivilschutzes ONPC in Ben Arous

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